29.11.12

Magdalena


Es war der erste Tage in meiner neuen Abteilung. Draußen war es kalt und es hatte geschneit. Ich hasse es wenn es nach Weihnachten schneit und es war Mitte Februar. Eigentlich hatte ich über-haupt keine Lust auf die Arbeit, viel lieber wollte ich wieder auf die Schule gehen. Eigentlich war sowieso alles beschissen, ich hatte Weihnachten wieder einmal als Single verbracht, die Ab-schlussprüfung meiner Berufsausbildung habe ich zwar bestanden – allerdings nicht mit dem Schnitt den ich eigentlich angestrebt hatte und meine beste Freundin war über die Faschingsferien nach Südtirol gefahren.
Nach und nach wurden mir meine neuen Kollegen vorgestellt, Gesichter die alle gleich aussahen. Bis auf Magdalena. Der Abteilungsleiter zeigte mir mein zukünftiges Büro in dem ich nun bis Mitte September bleiben durfte. Danach musste ich den Standort wechseln da ich von dort aus bessere Fortbildungsmaßnahmen bekommen würde.  Gegenüber von meinem Schreibtisch saß eine Frau, Anfang 50, mittellange rot-braune Haare und ein freundliches Lächeln. Die Frau stellte sich mir als Magdalena vor die mich sofort in ein Gespräch verwickelte. Selten habe ich in diesem großen Be-trieb jemanden getroffen der so viel mit mir geredet hat. Von Tag zu Tag lernten wir uns besser kennen, ich erfuhr dass sie 3 Katzen besitzt, ganz in meiner Nähe wohnt und zwei Söhne hat. Von diesem Tag an wurde alles besser. Zwei Tage nach meiner Bekanntschaft mit Magdalena habe ich meinen damaligen Freund Michael kennengelernt, man könnte sagen es war Liebe auf den ersten Blick. Wir haben uns oft getroffen und dann eines Tages waren wir zusammen. Natürlich habe ich Magdalena von  jedem Treffen erzählt, wie einer guten Freundin. Oft vergaß ich dass sie eigentlich so viel älter war als ich. Einer ihrer Lieblingssätze war „Ist mir doch scheißegal“ wenn sie Papier-kram erledigen musste der ihr nicht gefiel. Sie hatte ohnehin geplant nur noch 5 Jahre zu arbeiten und dann in Frührente zu gehen. Nicht selten habe ich über diese Aussagen lachen müssen. Nach einiger Zeit wurde Magdalena krank: Sie hatte oft Schwindelanfälle und musste 3 Wochen eine Kur machen. Ich habe sie in dieser Zeit sehr vermisst. Umso mehr habe ich mich gefreut als sie end-lich wieder da war und unser Verhältnis noch inniger wurde. Es war mittlerweile Frühling und die Beziehung mit Michael war beendet. Keiner meiner Freunde konnte mich so sehr aufheitern wie Magdalena. Es waren einfach Sätze, Wörter wie „Scheißkerl, der hat dich nicht verdient, soll er doch auf sein Motorrad steigen und ganz weit weg fahren“ haben mich sehr aufgebaut, mehr als dieselben Worte meiner Freunde. Wahrscheinlich weil ich mir sicher war das Magdalena Erfahrung hatte. Oft genug hat sie von ihren unglücklichen Beziehungen erzählt und ihrem Mann, der bis heute ihre ganz große Liebe ist. Deswegen glaube ich auch bis heute noch an die wahre große Liebe. Ich habe mir in dieser Zeit immer wieder gewünscht dass Magdalena so alt wäre wie ich, wir hätten mit Sicherheit sehr viel Spaß gehabt. Nach einiger Zeit bin ich sogar wieder mit Michael zusammengekommen. Während meine Freunde es nicht fassen konnten sagte sie einfach nur „Probiers aus, schlimmer kann es ohnehin nicht werden“ und ich probierte es aus. Nach einer Weile musste ich die Abteilung verlassen und mich meinen Fortbildungen an dem anderen Stand-ort widmen. Ich vermisse Magdalena sehr. Meine neuen Aufgaben gefallen mir nicht und bald ha-be ich wieder einen Arbeitsplatzwechsel vor mir. Mit Michael ist es auch seit einigen Wochen wie-der vorbei und ich fühle mich momentan wieder so wie im Februar. Aber dann denke ich wieder an Magdalena und an das was sie wohl gesagt hätte: „Ist doch scheißegal, probiere etwas neues aus, schlimmer kann es ohnehin nicht werden.“ Manchmal telefoniere ich noch mit ihr oder besuche sie. Auch wenn ich nicht mehr jeden Tag mit ihr sprechen kann so ist sie immer in meinen Gedanken. Ich habe in ihr eine Freundin gefunden die es so auf dieser Welt nie wieder geben wird, und dafür bin ich dankbar. 



 Foto via tumblr
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