04.07.22

Unterwegs in Berlin

Auch in diesem Jahr sollte es wieder soweit sein, auf nach Berlin! Dieses Mal stand wirklich so einiges auf dem Plan: Eine Führung durch die Zivilschutzanlage Blochplatz und der Besichtigung eines originalen Fluchttunnels von 1970/71, eine Show im Friedrichstadtpalast, ein Ausflug nach Grunewald und Marzahn, sowie ein Besuch im Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen. Gemeinsam mit euch möchte ich diesen spannenden und aufregenden Trip noch einmal Revue passieren lassen! 
 
Eingecheckt haben wir auch in diesem Jahr wieder im Motel One Upper West - hier gibt es einfach die schönste Rooftop-Bar in ganz Berlin - mit Blick auf die Gedächtniskirche und den Zoo lässt es sich mit einem erfrischenden Getränk aushalten! 
 
 
 
Anlässlich meines Geburtstages hat mich mein Mann mit Karten für die Show "Rise" im Friedrichstadtpalast überrascht - ganz besonderes Highlight: Wir hatten unseren eigenen VIP Bereich hoch oben in der Sky Lounge mit einem herrlichen Blick auf den Saal und die Bühne. Die Show selbst war einfach großartig, die Darsteller, die Kostüme, die Bühnentechnik - ein wunderbarer Abend! 
 

 
Als Kind der 90er und frühen 2000er war ich natürlich ein großer Fan der Serie "Schloss Einstein". Als ich vor einiger Zeit erfahren habe, dass das Jagdschloss Grunewald in Berlin als Kulisse für das Internat diente, stand für mich fest, das muss ich mir doch mal etwas genauer ansehen! Gesagt, getan. Der etwas längere Fußmarsch durch den Wald bishin zum Schloss (das in meiner Erinnerung ein kleines bisschen größer ausgesehen hat :P) hat sich durchaus gelohnt - die idyllische Gegend, der herrliche See sowie das Schloss selbst ist wirklich einen Ausflug wert! Im Hof des Schlosses gibt es sogar ein kleines Café, welches mit Blick auf das Wasser zum Verweilen einlädt.


 
Eine ziemlich spannende Führung buchten wir beim Verein "Berliner Unterwelten", dieser hat es sich zum Ziel gesetzt, die Erforschung, Dokumentation und den Erhalt der unterirdischen Anlagen in Berlin voranzutreiben und für Besucher zugänglich zu machen. Neben vielen weiteren interessanten Führungen entschieden wir uns für die Tour "Unterirdisch in die Freiheit". In den Ausstellungsräumen der Zivilschutzanlage Blochplatz wurde uns zuerst die Geschichte der Fluchttunnel zu Zeiten der deutschen Teilung näher gebracht, ehe wir uns anschließend auf den Weg in die ehemalige Oswald-Berliner-Brauerei machten, um uns dort anhand von Nachbauten im Originalmaßstab sowohl ein Bild der gescheiterten Tunnelvorhaben als auch über die beiden erfolgreichsten und spektakulärsten Projekte zu machen. Besonders spannend: Hierbei hatten wir auch die Möglichkeit, einen originalen Fluchttunnel acht Meter unter der Oberfläche von 1970/71 zu sehen. Dieser wird durch einen rund 30 Meter langen Besuchertunnel erschlossen, der vom Berliner Unterwelten e.V. in zweijähriger Bauzeit in Eigenregie erstellt wurde. Es handelt sich dabei um den einzigen echten Fluchttunnel, der heute noch zu besichtigen ist. Solltet ihr einmal in Berlin sein, kann ich euch diese Führung wirklich nur ans Herz legen!
 
Auf meinem Bild seht ihr zwar keinen echten Fluchttunnel, aber zumindest einen Nachbau im Originalmaßstab, ganz schön eng oder?



Geschichtsträchtig ging es weiter in der Gedänkstätte Hohenschönhausen:

Auf dem Gelände einer ehemaligen Großküche im Nordosten Berlins wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein sowjetisches Speziallager errichtet. Nach der Schließung des Lagers im November 1946 entstand im Keller des Gebäudes das zentrale sowjetische Untersuchungsgefängnis für Ostdeutschland. Im April 1951 übernahm das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) das Gefängnis, erweiterte es im November 1960 durch einen Neubau und nutzte es bis Januar 1990 als zentrale Untersuchungshaftanstalt. Tausende politisch Verfolgte waren an diesem Ort inhaftiert, darunter fast alle bekannten DDR-Oppositionellen.
 
Quelle: https://www.stiftung-hsh.de/geschichte/
 
 
Gebucht hatten wir einen Rundgang über die Außenanlagen des ehemaligen Haftortes sowie eine Besichtigung von Zellen und Verhörräumen. Im Vorfeld hatte ich bereits erfahren, dass es zwar selten, aber durchaus vorkommen kann, dass einer dieser Rundgänge von sogenannten Zeitzeugen, sprich, ehemalig politisch Inhaftierten, durchgeführt wird. Kann man bei solch einem Schicksal von "Glück" sprechen, dass unsere Führung tatsächlich von einem ehemalig Inhaftierten begeleitet wurde? 
 
Karl-Heinz Richter hatte sich sein Leben sicherlich anders vorgestellt. Geboren 1946 und im sowjetischen Sektor Berlins aufgewachsen, war dieser das "Eingesperrtsein" leid. Er hatte als geeignete Fluchtmöglichkeit den Bahnhof Berlin Friedrichstraße ausgekundschaftet. Insgesamt 17 Bekannten und Freunden verhalf er auf diesem Weg zur Flucht in den Westteil Berlins. Als sich Richter entschlossen hatte, für sich selbst diesen Fluchtweg zu wählen, wollte er gemeinsam mit einem Freund auf den Moskau-Paris-Express aufspringen. Am 30. Januar 1964 sollte die Flucht stattfinden. Der Freund konnte sich am Waggon festhalten, er selbst musste loslassen, da er sich nicht hochziehen konnte. Ergriffen von der Angst, von der Grenzpolizei beschossen zu werden, rannte er zum Bahnhofsgebäude zurück und sprang in seiner Panik sieben Meter in die Tiefe. Dabei brach er sich beide Füße und das rechte Handgelenk. Trotz der schwerwiegenden Verletzungen konnte er sich nach Hause schleppen. Obwohl die schweren Verletzungen, für die eine unverfängliche Ursache angegeben wurde, ärztlich behandelt worden sind, holten ihn Stasi-Mitarbeiter kurz darauf ab und setzten ihn schweren und andauernden Verhören aus. Ein halbes Jahr verbrachte Karl-Heinz Richter unter menschenunwürdigen Bedingungen in Stasiuntersuchungshaft im Stasi-Gefängnis in der Kissingenstraße in Berlin-Pankow.
 
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Karl-Heinz_Richter_(Autor)
 
 
Die Führung mit Karl-Heinz Richter war eine Erfahrung, die ich nie mehr vergessen werde - all die grausamen Taten, die er in diesem Gefägnis über sich ergehen lassen musste, lösten allein beim bloßen zuhören eine permanente Anspannung aus, die Geschichten über den Gefägnisalltag verursachten Gänsehaut, ein unheimlich schlechtes, erdrückendes Gefühl vermittelten die Räume, in denen wir ihm aufmerksam zuhörten. Auf den Gängen roch es beißend nach Linoleumkleber, in den damaligen Verhöhrräumen lässt sich noch immer der Zigarettenqualm der vergangenen Jahrzehnte erahnen. In den ehemaligen Gefängniszellen konnte man die einzelnen Schicksale spüren. Diese Führung ging durch Mark und Bein. Auch jetzt, zwei Wochen danach, bin ich noch sehr ergriffen, wenn ich an den Besuch der Gedenkstätte und an Karl-Heinz Richter zurückdenke. Ich bewundere seinen Mut, seine Stärke und den Willen nicht aufzugeben. Ich bin mir nicht sicher, ob ich nicht selbst an seiner Stelle während der Haft zerbrochen wäre. Ihr könnt euch zahlreiche Dokumentationen über das Leben in der Stasi-Haft ansehen oder Bücher darüber lesen, nichts lässt es schmerzhafter und bedrückender erscheinen, als es von Angesicht zu Angesicht von jemandem zu hören, der das selbst miterlebt hat. Ich danke Karl-Heinz Richter für seine Zeit, uns dieses düstere Kapitel ungeschönt und wahrhaftig näher gebracht zu haben.



Da das Wetter während unseres Berlin-Trips einfach herrlich war, beschlossen wir uns einen schönen Nachmittag in den Gärten der Welt in Marzahn zu machen. Schon bald mussten wir feststellen, dass ein Nachmittag absolut nicht ausreicht um allen Gärten, (dem Japanischen, Balinesischen, Orientalischen, Koreanischen, Christlichen, Italienischen Renaissancegarten und dem chinesische Garten) gerecht zu werden, hier besteht ein ziemlicher Nachholbedarf für unseren nächsten Berlin-Trip! Besonders gut hat mir übrigens der Chinesische Garten gefallen:
 

 
Selbstverständlich haben wir es uns auch kulinarisch gut gehen lassen, eine leckere Pizza bei unserem Stammitaliener Francucci's am Kudamm und der ein oder andere leckere Cocktail im Sausalitos durfte hier natürlich nicht fehlen!
 
 
 
Unser Besuch in Berlin war dieses Mal etwas ganz besonderes: spannend, eindrucksvoll, erschreckend, nachdenklich stimmend und überaus interessant - daran werde ich mich noch lange zurückerinnern!


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